14.08.2016

Der Marsch für die Frauen und gegen die Gewalt in Ica

Wie schon im vorigen Post geschrieben, fanden am Samstag den 13. August 2016 in ganz Peru Märsche gegen die Gewalt an Frauen statt. Laut Medienberichten waren es landesweit über 150.000 Mitmarschierende, alleine in Lima, bei der Hauptkundgebung waren es 50.000 Teilnehmer, darunter etwa der amtierende Präsident Pedro Pablo Kuczinsky und seine Familie, viele Minister aber auch Expräsidenten bzw deren Frauen.

Auch in Ica fand ein Marsch statt und auch hier lag die Beteiligung über meinen Erwartungen und der der Organisatoren. Es gibt zwar keine offiziellen Zahlen bisher, aber ich nehme an, dass es wesentlich über 2000 Teilnehmer waren, überwiegend Frauen selbstverständlich, aber auch viele Männer (darunter auch ich).

Parolen wie zB (übersetzt) "nur weil ich einen Minirock trage, bedeutet nicht, dass ich leicht zu haben bin", oder "wer eine schlägt, schlägt uns alle" wurden gerufen.

Vor dem Justizpalast wurde ein kurzer Zwischenstopp gemacht und sehr emotionell gegen die Injusticia (Ungerechtigkeit) der Justiz protestiert, da in vielen Fällen die Täter häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder und Vergewaltiger mit Freisprüchen davonkommen.

Hier ein Video:



Bei der Schlusskundgebung am Plaza de Armas erzählten letztlich sechs Frauen aus ihrem Leben, wie sie von ihren Partnern, Ehemännern behandelt worden sind, wie sie geschlagen worden sind oder andere Gewalt erfahren haben müssen.

Was mich und auch meine Frau gestört hat war, dass die Träger von Fahnen von Parteien augefordert wurden, diese wieder einzurollen, da die Organisatoren sich darauf geeinigt hatten keine Parteiensymbole zuzulassen, Absolut unverständlich, denn letztendlich müssen sich ja im Kongress die Parteien auf Gesetzesänderungen einigen, die die Rechte der Frauen stärken.

Und ja, es tut sich was. So werden schon Novellen des Strafgesetzes angekündigt.

Aso, noch etwas Berührendes:



Am Plaza de Armas haben wir diesen Kinderschuh gefunden. Einen Schuh von einem Mädchen der Größe 19, einem Baby, dessen Mutter das Kind auf dem Arm trägt oder mit einem Kinderwagen zur Kundgebung gekommen ist, um Rechte für sich und ihre Tochter einzufordern, Rechte, die garantieren, dass sie in Zukunft besser behandelt werden und dass es nicht mehr normal ist, Mädchen und Frauen nachzupfeifen, anzugreifen, zu schlagen und zu vergewaltigen.

Letztendlich haben wir die Familie gefunden und ihnen den Schuh zurückgegeben.

11.08.2016

Peru - ein Land der häuslichen Gewalt und sexueller Belästigung

Heute möchte ich mich einem Thema widmen, das von der staatlichen Werbegesellschaft PromPeru wahrscheinlich nicht so gerne ins Rampenlicht gedrückt wird:

Peru steht in Südamerika an der ersten Stelle wenn es um sexuelle Gewalt gegen Frauen geht, nicht etwa Brasilien, das ja im letzten Jahr vor allem durch diese ungustiösen Massenvergewaltigungen in die Schlagzeilen gekommen ist. Solche spektakuläre Fälle gibt es Peru nicht. Es ist vielmehr die versteckte Gewalt in den eigenen vier Wänden, die Statistik nach oben treibt.

Weltweit gesehen steht Peru an dritter Stelle. Nur Äthiopien und Bangladesch sind noch krimineller gegen Frauen.

So wurden im Jahr 2013 15.000 Fälle angezeigt. In 42 % der Fälle war es Gewalt im eigenen Haus bzw in scheinbaren sicheren Orten wie etwa in Häusern Verwandter oder in Schulen. 75 % der Opfer waren minderjährig!

Und das sind Dunkelziffern, denn es ist davon auszugehen, dass nur 5 % der Taten angezeigt werden, sei es aus Angst vor der Familie oder weil davon auszugehen ist, dass die Täter nicht verurteilt werden.

Wenn die Taten überhaupt von den Opfern angezeigt werden. Und selbst dann geschieht Tätern nicht wirklich etwas.
So hat es etwa vor einigen Wochen einen im ganzen Land aufsehenerregenden Fall gegeben. Weil hier die Gewalt auf Video gebannt war: Ein Mann zieht seine Frau an den Haaren durch ein Lokal. Und was ist mit ihm passiert: In der ersten Berufungsinstanz wird er vom dreiköpfigen Richtersenat, dem auch eine Frau angehört hat, freigesprochen, da er zum Zeitpunkt der Tat unter schwerem Alkoholeinfluss stand.
Oder ein anderer Fall: Seit mehreren Monaten häufen sich in der Touristenstadt Nazca (bekannt durch die Linien) Anzeigen von Touristinnen, die von einem Hostal-Betreiber belästigt oder gar vergewaltigt worden sind. Doch ihm geschieht nichts. Die Polizei will oder kann keine Beweise finden bzw. werden welche gefunden, steht das Gericht dem Täter zur Seite.

Und was sagt zu dem ganzen Treiben der Erzbischof von Lima und Kardinal Cipriani dazu? Einen Klassiker: die Frauen seien doch selber schuld, wenn sie sich so aufreizend kleiden!

Im Kongress wiederum hat eine Abgeordnete der Frente Amplio (ich würde sie als links bzw grün bezeichnen) dieses Problem angesprochen. Jetzt wird sie im Gegenzug beschuldigt, das Ansehen des Landes zu verletzen, eine Nestbeschmutzerin zu sein, wie man es in Deutschland bzw Österreich sagen würde.

Aus diesem Grund finden im ganzen Land kommenden Samstag, den 13. August 2016, Protestmärsche statt, auch hier in Ica. Und wir werden alle daran teilnehmen. Um auf diese Ungerechtigkeit und Unmöglichkeit hinzuweisen.